Rabentöchter? Rabensöhne?
Zum Problem der Begründung filialer Pflichten
Schlagworte:
filiale Pflichten, Eltern-Kind-Beziehung, Verletzlichkeit, Dankbarkeit, Reziprozität, Freundschaft, spezielle GüterKey words:
filial obligations, parent-child relation, vulnerability, gratefulness, reciprocity, friendship, special goodsAbstract
Dieser Beitrag untersucht die Frage, ob erwachsene Kinder ihren Eltern als deren Kinder etwas schulden. Ich argumentiere, dass sich entsprechende filiale Pflichten nicht begründen lassen, und zwar weder i.) mit Verweis auf Güter, die Kinder im Laufe ihrer Kindheit von ihren Eltern erhalten haben, noch ii.) vor dem Hintergrund der aktuellen Beziehung zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern, noch iii.) mit Blick auf das positive Potential dieses Verhältnisses für Eltern wie Kinder. Zwar haben Kinder also keine filialen Pflichten, doch sind sie iv.) dennoch in ihrer filialen Freiheit eingeschränkt. Diese Einschränkung ergibt sich aus der speziellen relationalen Vulnerabilität, welche die Eltern-Kind-Beziehung prägt und die Kindern Grund gibt, sich in ihrem Verhalten ihren eigenen Eltern gegenüber von dieser Verletzlichkeit leiten zu lassen und auf sie Rücksicht zu nehmen.
This essay examines the question whether grown up children owe their parents something in being their offspring. I argue that respective filial obligations cannot be justified, neither i.) in reference to goods which the children have gotten from their parents in childhood, nor ii.) against the background of the current relationship between parents and their grown up children, nor iii.) with a view at the positive potential of this relationship for parents and their children. Despite not having filial obligations, the grown up children are restricted in their freedom. This restriction stems from a special relational vulnerability, which coins the parent-child relationship, and gives the children reason to let the behaviour towards their parents be guided by their parents’ vulnerability and to be considerate of them.
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