­­­­­­Sittlichkeit, liberaler Sozialismus und die Frage der Transformation:

Eine Erwiderung

Autor:innen

  • Hannes Kuch

Schlagwörter:

Sittlichkeit, liberaler Sozialismus, Eigentümerdemokratie, Transformation, Bildung

Key words:

Ehtical life, liberal socialism, property-owning democracy, transformation, ehtical formation

Abstract

In dieser Replik antworte ich auf Rückfragen und Einwände, die mein Buch Wirtschaft, Demokratie und liberaler Sozialismus hervorgerufen hat. In dem Buch entwickle ich eine normative Theorie, die zeigt, dass demokratische Gesellschaften auf ein Ethos der demokratischen Gerechtigkeit angewiesen sind. Die kritische Diagnose lautet, dass dieses Ethos durch die Institutionen des kapitalistischen Marktes unterwandert wird. Schließlich biete ich eine gesellschaftliche Kur an, indem ich zwei Alternativen zum Kapitalismus vergleiche, die Eigentümerdemokratie und den liberalen Sozialismus, um die Überlegenheit des Letzteren aufzuzeigen. 

In dieser Replik ergänze ich meine Argumentation um neue Elemente, die im Buch aus Platzgründen weitgehend ausgespart blieben. Dies betrifft vor allem das Problem der Transformation, also die Frage, wie der Weg zu einem liberalen Sozialismus aussehen könnte. Ich wende mich dabei insbesondere gegen den Einwand, dass die Struktur meines Arguments die Potenziale einer solchen Transformation durch die Grundausrichtung der Analyse von vornherein verstellen würde. Als Antwort arbeite ich unsere Doppelnatur als soziale geprägte Wesen heraus, die zugleich über Vernunft verfügen, und damit über die Fähigkeit zur reflexiven Prägung der Umstände, die uns prägen. Zudem zeige ich die Sittlichkeitspotenziale unterschiedlicher sittlicher Sphären der Gesellschaft auf. Und schließlich mache ich deutlich, wie wichtig es ist, Menschen, die in den Kampfzonen des kapitalistischen Alltags gelernt haben, die Gesellschaft als eine bloße Verlängerung des Naturzustands zu betrachten, ein neues Deutungsmuster anzubieten. Das kann dazu beitragen, die eingespielten Deutungsmuster bis zum Kipppunkt zu verschieben, an dem ein Motivationsschub zur emanzipatorischen Transformation begünstigt wird. 

Im Rest des Aufsatzes widme ich mich vor allem der Entkräftung von Einwänden und der Präzisierung meiner Argumentation. Dafür setze ich mich mit grundlegenden Fragen der wirtschaftsinternen Bildung zur Sittlichkeit auseinander, ein­schließ­lich komplexer Fragen der kollektiven Selbsttransformation, auf die diese Theorie der Sittlichkeit angewiesen ist. Zudem reagiere ich Rückfragen zu meiner Kritik an der Eigentümerdemokratie. Schließlich wende ich mich Einwänden gegenüber meinem Plädoyer für einen liberalen Sozialismus zu. Dabei setze ich mich sowohl mit der Kritik auseinander, der liberale Sozialismus gehe im Vergleich zu einer Eigentümerdemokratie zu weit und beinhalte ungemessen starke Forderungen, als auch der Kritik, der liberale Sozialismus sei gerade zu wenig weitreichend. 

English version

In this reply, I address questions and objections raised by my book Economy, Democracy, and Liberal Socialism. In the book I develop a normative theory that demonstrates how democratic societies crucially depend on an ethos of democratic justice. The critical diagnosis is that this ethos is undermined by the institutions of the capitalist market. Finally, I propose a social cure by comparing two alternatives to capitalism, a property-owning democracy and liberal socialism, to argue for the superiority of the latter.

In this reply, I expand my argument by introducing new elements that I had to bracket in the book due to space constraints. This concerns the question of transformation, that is, the question of what the path to liberal socialism might look like. I address the objection that the structure of my argument obscures, from the outset, the potential for such a transformation due to the fundamental structure of my analysis. In response, I spell out our dual nature as socially shaped beings who are also endowed with reason, thus endowed with the ability to reflexively shape the conditions that shape us. I also elaborate on the moral potentials of different ‘ethical’ (sitt-liche) spheres of society. Finally, I emphasize the importance of offering a new interpretative framework to those who, in the battle zones of capitalist everyday life, have come to view society as a mere extension of the state of nature. This new interpretative framework can help shift entrenched patterns of interpretation toward a tipping point, at which a motivational push towards emancipatory transformation is encouraged. 

In the remainder of the paper I focus primarily on refuting objections and clarifying my argument. To this end, I engage with fundamental questions regarding ethical formation within the economy, including complex issues of collective self-transformation, upon which this theory of ethical formation depends. I move on to respond to questions pertaining to my critique of a property-owning democracy. Finally, I address objections to my plea for liberal socialism. Here, I engage with both the criticism that liberal socialism goes too far compared to a property-owning demo-cracy and entails excessively strong demands, as well as the opposite criticism that liberal socialism is not sufficiently far-reaching. 

Downloads

Ausgabe

Rubrik

Buchsymposium: Wirtschaft, Demokratie und liberaler Sozialismus

Zitationsvorschlag

­­­­­­Sittlichkeit, liberaler Sozialismus und die Frage der Transformation:: Eine Erwiderung. (2025). Zeitschrift für Praktische Philosophie, 11(2). https://doi.org/10.22613/ (Original work published 2025)