Inversion der Aufklärung

Kants Begriff der Unmündigkeit als sozialphilosophische Kritik

Autor:innen

  • Daniel Stader Derzeit keine

Schlagwörter:

Aufklärung, Kant, Sozialphilosophie, Unmündigkeit, Urteilskraft

Key words:

Aufklärung, Kant, Sozialphilosophie, Unmündigkeit, Urteilskraft

Abstract

Mit seinem Begriff der Aufklärung konterkariert Kant das Verständnis seiner Zeitgenossen. An die Stelle der Auffindung und Verbreitung wahrer Erkenntnisse sowie des Ausmerzens von Irrtümern und Vorurteilen setzt er den Fortschritt des selbständigen Vermögensgebrauchs der Menschen. Der Beitrag zeigt, dass Kant seinen Begriff der Unmündigkeit zwar aus dem Vorurteilsdiskurs der Aufklärung entwickelt, aber dabei eine Inversion ihrer Herrschaftsmetaphorik vornimmt. Die nur übertragen verstandene innere Herrschaft der Vorurteile der aufklärerischen Tradition kehrt Kant zur ganz tatsächlichen Herrschaftsbeziehung von Vormundschaft und Unmündigkeit um, und somit einen epistemischen Diskurs in einen sozialen. Diese Sozialphilosophie ist systematisch in Kants Anthropologie zu verorten, die sich nicht in erster Linie mit der praktischen Vernunft auseinandersetzt, sondern mit den faktischen Beziehungen von Menschen und dem Einfluss ihres Vermögensgebrauchs aufeinander. Die Unmündigkeit als ontogenetische conditio humana hält hierbei die systematische Erkenntnis bereit, dass Beherrschbarkeit ganz zentral mit der Temporalität des menschlichen Lebens zusammenhängt.

English version

Mit seinem Begriff der Aufklärung konterkariert Kant das Verständnis seiner Zeitgenossen. An die Stelle der Auffindung und Verbreitung wahrer Erkenntnisse sowie des Ausmerzens von Irrtümern und Vorurteilen setzt er den Fortschritt des selbständigen Vermögensgebrauchs der Menschen. Der Beitrag zeigt, dass Kant seinen Begriff der Unmündigkeit zwar aus dem Vorurteilsdiskurs der Aufklärung entwickelt, aber dabei eine Inversion ihrer Herrschaftsmetaphorik vornimmt. Die nur übertragen verstandene innere Herrschaft der Vorurteile der aufklärerischen Tradition kehrt Kant zur ganz tatsächlichen Herrschaftsbeziehung von Vormundschaft und Unmündigkeit um, und somit einen epistemischen Diskurs in einen sozialen. Diese Sozialphilosophie ist systematisch in Kants Anthropologie zu verorten, die sich nicht in erster Linie mit der praktischen Vernunft auseinandersetzt, sondern mit den faktischen Beziehungen von Menschen und dem Einfluss ihres Vermögensgebrauchs aufeinander. Die Unmündigkeit als ontogenetische conditio humana hält hierbei die systematische Erkenntnis bereit, dass Beherrschbarkeit ganz zentral mit der Temporalität des menschlichen Lebens zusammenhängt.

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Zitationsvorschlag

Inversion der Aufklärung: Kants Begriff der Unmündigkeit als sozialphilosophische Kritik. (2024). Zeitschrift für Praktische Philosophie, 11(1). https://doi.org/10.22613/zfpp/11.1.10

Ausgabe

Rubrik

Zu Kants 300. Geburtstag. Aufklärung, Freiheit und Nicht-Beherrschung

Zitationsvorschlag

Inversion der Aufklärung: Kants Begriff der Unmündigkeit als sozialphilosophische Kritik. (2024). Zeitschrift für Praktische Philosophie, 11(1). https://doi.org/10.22613/zfpp/11.1.10