Die politische Natur menschlichen Lebens
Ein aristotelischer Einwand gegen den ethischen Naturalismus.
Schlagworte:
Ethischer Naturalismus, Natürliche Normativität, Aristoteles, Philippa Foot, Politische TheorieKey words:
Ethical Naturalism, Natural Normativity, Aristotle, Philippa Foot, Political TheoryAbstract
Die These dieses Aufsatzes besteht darin, dass menschliches Leben als genuin politisch begriffen werden sollte. Dieser Gedanke wird in Form einer aristotelischen Kritik am ethischen Naturalismus entwickelt. (1) Zunächst rekonstruiere ich den ethischen Naturalismus vor der Frage, was genau naturalistisch an dieser Position ist. Es wird gezeigt, dass es sich nicht um ein naturalistisches Begründungsprogramm von Normativität handelt, das Normativität in einem außerethischen Bereich begründen will. Naturalistisch ist der ethische Naturalismus, insofern die Position vertreten wird, der natürliche Vollzug menschlichen Lebens impliziere praktische Rationalität und Tugenden. (2) In einem zweiten Schritt wird mit Aristoteles argumentiert, dass die besonderen Realisierungsformen dieser praktischen Rationalität in Genese und Geltung stark lokale Aspekte aufweisen und von Aristoteles zirkulär bestimmt werden. Ich rekonstruiere dies als polis- statt lebensformrelative Normativität. (3) Der dritte Abschnitt diskutiert Implikationen dieser Umstellung vor dem Hintergrund älterer Fassungen des Neoaristotelismus, die durch die Leitbegriffe von Brauchtum und Tradition die Lokalität von Normativität explizit herausstellen. Gegen diese Theorien versuche ich abschließend vorzuschlagen, die aristotelische Zirkularität des menschlich Guten als Offenheit der menschlichen Lebensform zu begreifen, die nicht zwingenderweise durch Rekurs auf Natur oder Tradition geschlossen werden muss.
The claim of this paper is that human life should be understood as genuinely political. This idea is developed in the form of an Aristotelian critique of ethical naturalism. (1) In section one, I reconstruct ethical naturalism by discussing what exactly is naturalistic about this position. I argue that it is not a naturalistic program in the sense that it seeks to ground normativity in a non-ethical domain. Ethical naturalism is naturalistic in the sense that it argues that the natural determination of human life implies practical rationality and virtues. (2) In the second step, I argue with Aristotle that the particular realizations of this practical rationality have highly localized aspects in terms of their genesis and validity, and they are determined circularly by Aristotle. I reconstruct this as normativity relative to the polis rather than to the human form of life in general. (3) The third section discusses the implications of this shift in the context of older versions of neo-Aristotelianism, which explicitly highlight the locality of normativity through the guiding concepts of custom and tradition. Against these theories, I attempt to propose, in conclusion, that the Aristotelian circularity of the human good should be understood as an openness of the human form of life that does not necessarily need to be closed by recourse to nature or tradition.
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