Sollten wir auf die Trolley-Fälle verzichten?
Eine Kritik der Kritik Woods
Schlagworte:
Gedankenexperimente, Trolley-Fälle, Intuitionen, BiasKey words:
thought-experiments, trolley-cases, intuitions, biasAbstract
In den moralphilosophischen Debatten der letzten Jahrzehnte spielen die sogenannten Trolley-Fälle eine große Rolle. Sie kommen zum Einsatz in Diskussionen der Frage, welcher Schaden Personen im Rahmen medizinischer oder politischer Maßnahmen zugefügt werden darf, und in Diskussionen darüber, welches die richtige normative Moraltheorie ist. Allerdings kritisieren viele Philosophinnen und Philosophen diese Gedankenexperimente wegen ihrer Konstruiertheit, Künstlichkeit, Abstraktheit und ihrer Lebensferne. In diesem Beitrag werden die Einwände eines prominenten Kritikers, Allen Wood, diskutiert. Er attestiert den Trolley-Gedankenexperimenten neben den genannten Punkten außerdem, dass sie moralisch nicht neutral sind, indem sie uns mit einem rhetorischen Trick dazu bringen, bestimmte Faktoren für moralisch relevant zu halten. Wood fordert deshalb, dass man auf die Verwendung dieser Gedankenexperimente in der praktischen Philosophie verzichten solle. Ich werde seine Einwände entkräften, dann aber zeigen, dass er dennoch einen wunden Punkt nennt: Die Trolley-Fälle sind aufgrund der vorgegebenen Antwortoptionen in der Hinsicht nicht moralisch neutral, dass sie voraussetzen, dass die Anzahl der zu rettenden Menschen moralisch relevant ist. Sie eignen sich daher nicht, um ebendiese Behauptung zu begründen. Dieser Mangel kann aber durch eine Modifikation der Gedankenexperimente behoben werden; ein vollständiger Verzicht auf derartige Gedankenexperimente ist also entgegen Woods Ansicht nicht notwendigerweise geboten.
The last decades have seen a continuous use of the so-called trolley-cases in moral philosophy. They are present in debates about questions concerning the permissibility of harming people through medical or political measures. Philosophers use them to justify their normative moral theories. But there is also a growing sense of distrust among other philosophers who claim that there is a misleading lack of realism in the highly abstract and artificial trolley-cases. In this paper I will discuss Allen Wood’s objections concerning the use of trolley-cases. Besides the points already mentioned he criticises trolley-cases for being not morally neutral because they make use of a rhetorical device which makes us think that some aspects are morally relevant. He therefore calls for the abandonment of the use of trolley-cases in moral philosophy. I will refute Wood’s objections, but I will also show that he points to a sore spot. The trolley-cases actually do implicitly presuppose that the numbers of people that can be rescued in those cases count morally. Therefore trolley-cases cannot properly be used to justify this claim. In opposition to Wood I do not think that this defect is reason enough to get rid completely of the trolley-cases. Instead they can be amended to deal with this problem.
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