Demenz und Strafen

Autor:innen

  • Oliver Hallich Essen

Schlagworte:

Demenz, Strafe, Expressivismus

Key words:

Dementia, punishment, expressivism

Abstract

Gibt es rechtfertigende Gründe dafür, demente Menschen für ihre im früheren Zustand der Kompetenz begangenen Taten staatlich zu strafen? Im folgenden Beitrag wird für eine bejahende Antwort auf diese Frage plädiert. Zunächst werden drei zentrale Straftheorien daraufhin befragt, ob das von ihnen verteidigte Kriterium der Strafrechtfertigung in Anwendung auf die Bestrafung Dementer erfüllt, also die Bestrafung Dementer ihnen zufolge gerechtfertigt sein kann: die Retributionstheorie (1.1), die Präventionstheorie (1.2) und die Expressionstheorie (1.3). Es zeigt sich, dass einzig der Expressionstheorie zufolge die Bestrafung Dementer gerechtfertigt sein kann. Im Folgenden wird für die These argumentiert, dass die Expressionstheorie, obwohl nicht überzeugend als allgemeine Theorie der Strafrechtfertigung, in Bezug auf einen bestimmten Teilbereich von Strafhandlungen plausibel ist. Dabei handelt es sich um diejenigen Strafhandlungen, mit denen wir beabsichtigen, ein Leiden zuzufügen, die aber de facto kein Leiden bewirken. Da die Bestrafung Dementer in diese Klasse von Strafhandlungen fällt, lässt sie sich auf der Grundlage einer Expressionstheorie rechtfertigen (2). Vier Einwände gegen diese These werden diskutiert und entkräftet (3). Abschließend wird auf praktische Konsequenzen dieser Ansicht verwiesen (4).

English version

​Are we justified in keeping the demented in prison for crimes they committed when they were still healthy? In this paper, I defend the view that there are justificatory reasons for punishing the demented for their past crimes. First, I examine three theories of punishment – retributivism, preventionist theories and expressivism. I argue that only expressivism succeeds in providing such justification. Second, I attempt to show that expressivism, though not convincing as a general theory of punishment, is plausible when applied to some acts of punishment. More precisely, expressivism, or so I argue, is plausible with regard to those acts of punishment that consist in intending to inflict suffering without actually inflicting suffering. Since the punishment of demented patients falls within this class, it can be justified on an expressivist basis. I then consider four objections to my view and rebut them. Lastly, I deal with some practical implications of the view.

Downloads

Zitationsvorschlag

Hallich, O. (2018). Demenz und Strafen. Zeitschrift für Praktische Philosophie, 5(1), 81–106. https://doi.org/10.22613/zfpp/5.1.4

Ausgabe

Rubrik

Schwerpunkt: Philosophie der Demenz