„Oh Voltaire! Oh Humanität! Oh Blödsinn!“

Über den Zusammenhang von Anerkennung, Leben und menschlichem Selbstverständnis bei Nietzsche

Autor:innen

  • Sarah Bianchi Berlin

Schlagworte:

Nietzsche, Humanität, Anerkennung, freier Geist, Lebensphilosophie

Key words:

Nietzsche, humanity, recognition, free spirit, philosophy of life

Abstract

Mit diesem Aufsatz soll ein Beitrag zur Klärung von Nietzsches Humanitätsverständnis in binnenrelationaler Perspektive geleistet werden. Dabei wird in drei Schritten vorgegangen: Der erste Schritt setzt an den kritischen Vorzeichen von Nietzsches Humanitätsverständnis an. Hierbei geht es um die Skizzierung der kritischen Verfahren der genealogischen Kritik und des Perspektivismus. In einem zweiten Schritt soll sodann aufgezeigt werden, worin bei Nietzsche die genealogische Kritik ihren Halt findet, damit nicht jeglicher Wert destruiert wird. Dabei soll die binnenrelationale Perspektive des Individuums in der Dimension der existentiellen Selbstanerkennung freigelegt werden. Trotz aller Emphase des Individuums bei Nietzsche geht es ihm stets um die Verbindung von Partikularem und Allgemeinem im Lebenszusammenhang. Diese Dimensionen kann der Mensch in seiner Binnenrelationalität selbst abwiegen. Nietzsches Verständnis des Selbst kann für ihn vor dem Hintergrund seines Anerkennungsverständnisses keinen essentialistischen Wesenskern beinhalten; das Selbst entwickelt sich für Nietzsche ursprünglich durch die sozialen Bezüge im Lebensvollzug: Es geht somit um die praktische Dimension, die immer schon relational verschränkt ist. In einem dritten Schritt soll Nietzsches Humanitätsverständnis als existentielle Selbstbeschreibung des Menschen herausgearbeitet werden. Indem Nietzsches kritische Vorzeichen berücksichtigt werden, zeigt sich, dass sich seine Kritik zentral auf ein bloß tradiertes Humanitätsverständnis richtet. Worauf es ihm dagegen ankommt, ist sein Verständnis des Individuums als „freier Geist“, der von sich aus in der Lage ist, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

English version

​In this essay, I aim to contribute to the question of how Nietzsche understands the notion of humanity from a relational perspective already situated within the individual in three steps: the first step deals with the critical auspices of Nietzsche’s understanding of humanity. Hereby, the critical methods of his genealogical critique and his perspectivism will be sketched. The second step focuses on the question of why Nietzsche’s genealogical critique does not destroy every value. In this context, the relational perspective within the individual is elaborated through the dimension of existential self-recognition. Despite Nietzsche’s emphasis on the individual, Nietzsche always combines the dimension of the particular with the general within the mode of living. Through the relational perspective within the individual, each human being is able to weigh these dimensions on his or her own. Against the background of Nietzsche’s depiction of recognition, his understanding of the self cannot contain any alleged form of an essential core. The self, following Nietzsche, develops originally within social contexts in life, thus stressing its practical dimension, which is always entangled relationally. The third step develops Nietzsche’s understanding of humanity as existential human beings’ self-depiction. By considering Nietzsche’s critical auspices, it may appear that Nietzsche’s harsh critique of humanity addresses a mere traditional understanding of humanity. On the contrary, he stresses an understanding of the individual as “free spirit” that is able to master his or her life on his or her own.

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Zitationsvorschlag

Bianchi, S. (2017). „Oh Voltaire! Oh Humanität! Oh Blödsinn!“: Über den Zusammenhang von Anerkennung, Leben und menschlichem Selbstverständnis bei Nietzsche. Zeitschrift für Praktische Philosophie, 4(1), 15–36. https://doi.org/10.22613/zfpp/4.1.1

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Aufsätze