Wohlergehensverluste bei Kleinkindern durch den coronabedingten Wegfall der außerhäuslichen Betreuung
Eine kritische kinderethische Analyse der Betreuungsverbote und -einschränkungen
Schlagworte:
Kinderethik, Wohlergehen, Kindheitsgüter, Corona-Pandemie, VerletzlichkeitKey words:
childhood ethics, wellbeing, intrinsic goods of childhood, Corona pandemic, vulnerabilityAbstract
In diesem Aufsatz vertrete ich die These, dass die Betreuungsverbote und einschränkungen für Kleinkinder, die im Zuge der Corona-Pandemie in Deutschland galten und immer noch gelten, in bestimmten Fällen zu signifikanten Verlusten des Wohlergehens von Kleinkindern führen. Dabei beziehe ich mich auf Kleinkinder, die in Strukturen leben, in denen die außerhäusliche Betreuung einen gewichtigen Beitrag zur Kinderbetreuung leistet. Ich werde dafür argumentieren, dass für diese Kinder der Wegfall der Kinderbetreuung bedeuten kann, dass gewichtige aktuelle immaterielle Wohlergehensinteressen nur noch teilweise oder gar nicht mehr befriedigt werden. Um diese Interessen und das Ausmaß ihrer Nichtbefriedigung zu beschreiben, greife ich auf das Konzept der Kindheitsgüter zurück und werde mich dabei auf drei gewichtige immaterielle Wohlergehensinteressen konzentrieren: das Interesse des Kindes an pädagogisch wertvollen Betreuungsstrukturen, das Bedürfnis des Kindes nach Austausch und Spiel mit Gleichaltrigen und das Interesse des Kindes, frei von Sorgen und Ängsten zu sein. Die anschließende kinderethische Auswertung dreier aktueller Studien zur Situation der Kinder und Familien unter den Bedingungen der Corona-Pandemie zeigt, dass besonders die Umstände während des Lockdowns im Frühjahr 2020, aber auch die fortbestehenden Einschränkungen bei der Kinderbetreuung sowie die veränderte Arbeitssituation der Eltern erheblich dazu beitragen, dass das Wohlergehen von Kleinkindern in dieser Hinsicht beeinträchtigt wird. Am Ende des Aufsatzes werde ich mich der Frage widmen, was bei der Ausgestaltung zukünftiger Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie aus kinderethischer Perspektive berücksichtigt werden sollte, um das Wohlergehen der Kleinkinder so gut wie möglich zu schützen.
In this paper I defend the hypothesis that in certain cases the measures concerning day care centers for children that have been taken in Germany in order to fight the Corona pandemic have caused a significant decrease of wellbeing for small children. These cases relate to family constellations in which parents cannot easily compensate for the sudden lack of care that is provided outside the family because, for instance, the parents are working. I argue that under these circumstances, which are quite frequent in Germany, it is difficult to make sure that important actual immaterial interests of wellbeing of the children are met to a satisfying extent. In order to explain and defend this hypothesis, I use the concept of intrinsic goods of childhood. This concept serves as theoretical background against which I, first, characterize important actual immaterial interests of small children and, second, explain why these interests are often no longer fully satisfied under the conditions of the Corona pandemic. My focus is on three specific immaterial interests of wellbeing, namely the child’s interest in a pedagogically valuable caring environment, the child’s interest in playing and exchanging with other children, and the child’s interest in living a carefree and unworried life. The subsequent ethically informed analysis of three recent sociological studies regarding the situation of small children during the Corona pandemic shows that certain measures, especially the one of closing down day care centers for weeks in spring 2020 combined with measures that affect the working situation of the parents, in many cases have caused a considerable loss of wellbeing for small children. At the end of the paper I address the question of how future measures should be designed in order to better protect the wellbeing of small children.
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